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"Bedienungsanleitung": Bauordnungsrecht der Länder

schettler@maslaton.de

Betreff:

"Bedienungsanleitung": Bauordnungsrecht der Länder

 ·  Gepostet: 13.12.2011 - 12:39 Uhr  ·  #24566
Liebe Forum-User und Besucher,

bevor ihr euch auf den Thread zum Bauordnungsrecht eures Bundeslandes stürzt, möchte ich euch ein paar allgemeine Informationen zu dieser Übersicht über die Länderregelungen und das Bauordnungsrecht an sich geben.

1. Die Threads
Für jedes Bundesland existiert ein Thread. Der erste Beitrag des Threads gibt Informationen über die Baugenehmigungspflicht von Kleinwindanlagen im entsprechenden Bundesland inklusive Nennung der entsprechenden Regelung in der Landesbauordnung und eventueller zusätzlicher Regelungen in Windenergieerlassen o.ä. . Im zweiten Beitrag eines jeden Threads findet ihr Informationen zum Abstandsflächenrecht im jeweiligen Bundesland als dem Kerngebiet des materiellen Bauordnungsrechts. Auf Änderungen in der Landesbauordnung oder beachtenswerte gerichtliche oder ministerielle Entscheidungen wird in den folgenden Beiträgen hingewiesen.

2. Genehmigungsfreiheit - Vorsicht Falle!

Zunehmend sehen die Landesbauordnungen eine Baugenehmigungsfreiheit für Kleinwindanlagen (meist bis 10 m Höhe) vor. Das bedeutet aber nicht, dass diese Anlagen nicht in Einklang mit öffentlich-rechtlichen Vorschriften zu inhaltlichen Anforderungen an eine bauliche Anlage (z.B. zum Abstandsflächenrecht, Naturschutzrecht, Bauplanungsrecht) stehen müssen! Befreiung vom Genehmigungsverfahren heißt nicht Befreiung von allen rechtlichen Vorschriften!

Durch die Genehmigungsfreiheit kann einfacher und schneller mit der Errichtung der Kleinwindanlage begonnen werden. Dies geschieht aber um den Preis, dass der Bauherr die alleinige Verantwortung für die Einhaltung der materiell-rechtlichen Anforderungen trägt. Sind diese nicht erfüllt, kann die Bauaufsichtsbehörde die Stilllegung oder sogar den Abbruch der Kleinwindanlage anordnen.

Solltet ihr also eure Kleinwindanlage in einem Bundesland mit Genehmigungsfreiheit errichten wollen, rate ich euch, einen Teil der Zeit und Kosten, die ihr durch das fehlende Genehmigungsverfahren spart, in die genaue Prüfung der materiellen rechtlichen Rahmenbedinungen zu investieren.

3. Genehmigungspflicht - Tipps für den Gang zur Baubehörde
Wenn der Standort eurer geplanten Kleinwindanlage in einem Bundesland mit Genehmigungspflicht liegt, solltet ihr versuchen mit der Baubehörde von Anfang an eng zusammenzuarbeiten. Auslöser vieler Konflikte mit den Behörden sind Unsicherheiten auf Seiten der Behörden, die wahrscheinlich noch nie einen Antrag zur Errichtung einer Kleinwindanlage auf dem Tisch hatten und Missverständnisse zwischen Antragsteller und Behörde. In der "Kleinwind-Szene" ist wichtigsten Kriterium für eine Anlage ihre Leistung. Mit diesem Wert kann die Baubehörde im Genehmigungsverfahren nichts anfangen. Die Behörde muss für die Beurteilung der Anlage wissen, wie groß die Anlage ist, welche genauen Maße sie hat, wie sie konstruiert ist, wie sie im Gesamtbild aussieht, welche Geräusche sie verursacht, in welcher Umgebung sie errichtet wird etc. . Diese Informationen solltet ihr der Behörde von vornherein so anschaulich wie möglich zur Verfügung stellen. Aufgabe der Behörde ist sicherzustellen, dass von der Anlage keine Gefahren für Menschen, andere bauliche Anlagen in der Umgebungen und die Natur ausgehen. Aus diesem Blickwinkel prüft sie euren Genehmigungsantrag und eure Antragsunterlagen.

4. Nicht vergessen: Abstandsflächen
Unabhängig von einer bestehenden Genehmigungspflicht muss in jedem Fall das materielle Bauordnungsrecht (also die Regelungen, die inhaltliche Anforderungen an eine bauliche Anlage stellen) berücksichtigt werden. Die inhaltlichen Anforderungen, die das materielle Bauordnungsrecht mit Vorschriften zu einzuhaltenden Abstandsflächen, Standsicherheitsnachweisen oder ähnlichem festschreibt, dienen der Abwehr von Gefahren, die die Errichtung und er Betrieb einer baulichen Anlage (also auch einer Kleinwindanlage) mit sich bringen. In der Baugenehmigungspraxis bildet das Abstandsflächenrecht einen besonderen Problemschwerpunkt.

Abstandsflächen müssen von Bebauung freigehalten werden. Sie müssenallerdings i.d.R. nur bei der Errichtung von baulichen Anlagen mit gebäudegleicher Wirkung berücksichtigt werden. Die Beurteilung der gebäudegleichen Wirkung erfolgt anhand des Zweckes der Abstandsflächenvorschriften, der in dem Schutz der direkten Umgebung vor unzureichender Belüftung, Besonnung, Belichtung und im Brandschutz liegt. Es ist im konkreten Fall also immer zu fragen, ob eine Kleinwindanlage an ihrem geplanten Standort geeignet ist, diese Schutzgüter der Abstandsflächenregelungen zu beeinträchtigen. Kommt man zu dem Ergebnis, dass Abstandsflächen um eine Kleinwindanlage herum eingehalten werden müssen, sind diese für eine weitere Bebauung tabu.

Im Allgemeinen bemisst sich die Abstandsflächentiefe bei Windenergieanlagen nach deren Gesamthöhe. Die Abstandsfläche ist kreisförmig um die (Klein-) Windenergieanlage angeordnet. Es besteht allerdings keine Einigkeit darüber, ob der Mittelpunkt dieses Kreises der Mast der Windenergieanlage ist oder ob die Abstandsfläche einen Ring um die Windenergieanlage bildet, dessen innerer Rand die Außenkante der vom Rotor überstrichenen Fläche ist. Länderspezifische Besonderheiten der Verwaltung und der Gerichte sind hier zu beachten.