Wird ein fester Körper wie bspw. ein Rotorblattprofil umströmt, so ist um ihn herum die "Grenzschicht" (GS). Ausserhalb der GS ist die Aussenströmung, die man mit sehr hoher Genauigkeit als reibungsfrei betrachten kann. In der GS haften die Luftteilchen an Festkörper, aussen geht sie in die Aussenströmung über.
Nichts neues: Es gibt zwei verschiedene Arten von Strömungen:
Zum einen die
laminare Strömung und zum anderen die
turbulente Strömung, in einer GS kann beides vorliegen.
Die Luftteilchen in der GS einer
laminaren Strömung kann man sich so vorstellen, wie wenn man einen Stapel Papier, der auf dem Tisch liegt, verschiebt. Entlang einer Oberfläche bewegen sich die Luftteilchen also alle parallel zur Oberfläche.
Im Gegensatz dazu ist es bei der
turbulenten Strömung so, dass sich die Luftteilchen zusätzlich ungeregelt, also auch senkrecht zur Oberfläche eines Körpers bewegen. Hier handelt es sich nicht um die Brownsche Molekülbewegung, sondern die „Zitterbewegungen“ sind etwas größer.
- Eine laminare Umströmung eines Körpers, sofern sie gelingt, ist widerstandsärmer als eine turbulente Umströmung.
- Eine laminare Strömung hat gegenüber der turbulenten Strömung den Nachteil, dass diese sich leichter von einem Körper ablöst, was einen drastisch erhöhten Profilwiderstand verursacht.
Bei Profilen von Windenergieanlagen, Segelflugzeugen und auch Modellflugzeugen setzt man daher im allgemeinen "Laminarprofile" ein. Dies sind Profile, die auf der Unterseite und auf der Profiloberseite bis zur größten Dicke einen laminaren Strömungszustand haben, der dann turbulent wird (Das ist ein anderes Thema).
Nun zum eigentlichen Thema, dem Begriff der Turbulenz für Windenergieanlagenbauer:
Profilentwickler benutzen das Wort "Turbulenz", um ganz kleine Schwankungen entlang der Profiloberfläche zu beschreiben. Diese Bezeichnung ist eigentlich etwas schlampig, denn zum Begriff "Turbulenz" gehört eigentlich immer der so genannte "Turbulenzmaßstab". Dieser bezeichnet die Länge, mit der die Fluidballen beziehungsweise die Luft schwanken. Bei Profilen ist das in einer Größenordnung von (mir) geschätzten 5/1000 bis 5/100 mm.
Und hier tritt ein Missverständnis vieler Windenergieanlagenbauer auf: Für diese ist Turbulenz immer gleich Turbulenz. Dies ist nicht korrekt. Wird eine Windenergieanlage turbulent angeströmt, so sind der Turbulenzmaßstab der Atmosphäre groß; Der Turbulenzmaßstab liegt hier im Bereich von mir geschätzten 1 Meter. (Das kommt natürlich auch darauf an; stellt man eine Windenergieanlage direkt hinter einer Hausecke auf, so ist der Turbulenzmaßstab sicherlich kleiner und für Klein-WEA ist der Turbulenzmasstab auch kleiner als für Rotoren, die in 50m Abstand von der Erdoberfläche anfangen).
In diesem Falle - trotz turbulenter Anströmung - ist es durchaus wahrscheinlich, dass die Strömung um die Rotorblattprofile der Windenergieanlage laminar und nicht turbulent ist. Eine turbulente Anströmung hat somit nur in Ausnahmefällen mit einer laminaren oder turbulenten Umströmung der Rotorprofile zu tun, da der Turbulenzmaßstab ein anderer ist.
Weiterhin ist es so, dass eine turbulente Strömung nicht unbedingt schädlich für die Leistung einer Windenergieanlage ist (eine Argumentation, die scheinbar auch verwendet wird, um die schlechte Leistungskurve einer Windenergieanlage zu rechtfertigen). Dies liegt daran, dass die Leistung des Windes mit der dritten Potenz der Strömungsgeschwindigkeit wächst. Im unteren Geschwindigkeitsbereich, in dem WEA i.A. den besten Wirkungsgrad bringen, ist der Verlauf der Leistungskurve einer Windenergieanlage somit kubisch. Und in diesem Bereich wird durch die Turbulenz der Anströmumg die Leistung einer Windenergieanlage
erhöht und nicht reduziert. 10 % Turbulenz der Anströmung bedeuten immerhin etwa 2 % Leistungserhöhung im kubischen Bereich der Kurve.
Im Bereich, in dem sich die Krümmung der Leistungskurve umgekehrt ist, wird die Leistung reduziert.
Der Arminius
Mit Bitte um Rückmeldung, um missverständliche Passagen zu beseitigen.