Zitat geschrieben von Zephyrus
Aber ich habe immer noch nicht verstanden worin das Feindbild bei "Bio" besteht. Wo bedroht es euch? Was tut euch Bio an?
Diese ganze Bewegung kam ja erst durch die ganzen Mißstände unter denen die Landwirtschaft heute leidet zustande. Das Grundproblem ist das System der globalisierten wachtumsabhängigen Marktwirtschaft. So wie die Maschinen und Menschen immer effizienter werden müssen, so müssen auch die Tiere "effizienter" werden. Daraus entstanden dann immer größere Ställe, immer weniger Platz,immer weniger Kleinbauern, immer mehr Antibiotika, immer mehr Kunstdünger, Flurbereinigung, Verarmung und Vermaisung der Landschaft, Artenschwund, usw., immer mehr und mehr.
Das will eigentlich niemand und wollen die Verbraucher nicht und daraus ist dann "Bio" und "Öko" entstanden - im Grunde geht es dabei um das "Normale" und Vernünftige - eine nachhaltige Kreislaufwirtschaft ohne Chemie und Ausbeutung von Mensch,Natur und Tier. Daraus sind die Überlegungen einer Agrarwende der Grünen entstanden, die endlich diese Mißstände zumindest eindämmen wollen und den Kleinbauern bessere Möglichkeiten bieten möchten. Von daher verstehe ich einfach nicht, warum ihr eure Feinde (jetziges System und die dafür verantwortliche konservative, lobbygesteuerte Regierung CDU) wählt und verteidigt und eure eigentlichen Helfer verteufelt. Denn wenn es euch wirklich um die Erhaltung unsere Lebensgrundlagen für unsere Kinder geht, dann kann das nur mit einer Umkehr zu kleinräumigen und vielfältigen Strukturen gehen und nicht mit einem immer weiter so.
Es ist klar, dass vieles noch nicht gut läuft und viel Etikettenschwindel betrieben wird, aber die Grundidee von "Öko" und "Bio" kann doch niemand ernsthaft für schlecht halten? Leider habe ich da meine Zweifel, dass viele diese MAximierungslogik immer noch für fortschrittlich halten und darin eine Zukunft sehen.
Mit Verlaub, du hast die Landwirtschaftspolitik nicht verstanden ... Früher war es politisches Ziel die Menschen satt zu bekommen. Heute ist das politische Ziel die Leute billig (!!) satt zu bekommen.
Die Agrarfläche (landwirtschaftliche Nutzfläche) wurde ja nicht mehr, sondern es wurde jahrzehntelang der Strukturwandel gefördert, sodass heute eben ein Hof hundert frühere ersetzt. Ziel war es die letzten 50 Jahre die Produktion immer günstiger hin zu bekommen. Nicht (nur) weil der Verbraucher das will, sondern weil billigere Produktion mehr Marge beim Handel bedeutet (der die bessere Lobby hat) und weil so Kaufkraft für andere Konsumgüter frei wurde, die der Rest der Wirtschaft entsprechend abschöpfte.
Weißt Du was n Sack Kartoffeln kosten müsste wenn er sich preislich wie z.B. Mieten oder Auto oder Fernreisen entwickelt hätte?? Lebensmittel, Grundnahrungsmittel hier in D sind absolut zu billig.
Ich hab nix gegen Bio, wenn ich auf der anderen Seite einen Garantierten kostendeckenden Mindestpreis habe und Ausfallentschädigungen oder gleich verbeamtet, dann bin ich da sofort dabei.
Wenn ein Hof Bio wirtschaftet heißt das aber auch nicht, dass er mit Pferd und Wagen kleinparzellig herumwurstelt mit 2 Sauen 1 Kuh 30 Hühner, das ist ein Idyll, das gerne plakativ verwendet wird. Bio wird bzw. muss ebenso rationell laufen wie konventionell, es rechnet sich sonst schlicht nicht.
Landwirtschaft ist ein Wirtschaftssegment, das straff durchorganisiert sein muss, es geht sonst schief.
Der sog. globale Markt ist das nächste Problem. Andernorts kann zu einem Bruchteil der Kosten produziert werden wie hier in D, das betrifft diverse Bereiche .... es macht einen gewaltigen Unterschied ob ich z.B. Diesel oder Heizöl fahren darf (bei uns Diesel) oder Arbeitskraft für € 2,- /Tag oder € 9,- /h "einkaufen" kann. Klimatische Unterschiede, die andernorts eben günstiger sind als bei uns (Pflanzenschutz). Gegen diesen globalen Markt müssen wir bestehen, es ist 99% der Verbraucher schlicht wurst wo der Salat, die Kartoffel, das Mehl her kommt.
Das Nächste Problem ist die Uneinheitlichkeit der Bio-Richtlinien weltweit, so gibt es Methoden die andernorts Umweltsiegel bekommen wo man hier für sofort den Laden dicht gemacht bekäme ... Bananen 40kg/ha Insektizip p.a. ist "Grün", da holt man jeden Affen von der Palme mit ...
Die Grünen fordern vieles ... Agrarwende ist gerade deren Steckenpferd, das Problem ist, sie haben keine Idee wie das umgesetzt werden kann ohne das entweder der Preis durch die Decke geht oder eben hiesige Bauern vor die Hunde. Fakt ist, dass das Angebot an Biolebensmitteln schon heute deutlich höher ist als die Nachfrage ... in realen Zahlen. Klar, in Umfragen will jeder möglichst saubere Lebensmittel (ob das bei Bio auch der Fall ist kann man sich noch drüber unterhalten, ist nämlich keineswegs so) aber mehr Geld dafür ausgeben tun real gerade mal 3%. der Rest der Bioware wird unter konventionellem Label verscheuert, weil es der Markt nicht aufnimmt und die Kollegen die das müssen stehen nicht selten wirtschaftlich mit dem Rücken an der Wand.
Bio ist eben NICHT ohne Chemie, sondern sogar nachhaltig schädlichere für Gewässer und Nahrungskette (Kupfer, Schwefel).
Bio ist eben NICHT weniger Maschineneinsatz, sondern mehr, weil viel mehr präventiv gewirtschaftet werden muss.
Bio ist eben NICHT weniger Menschenausbeutung, sonder mehr Niedriglohnjobs für Hilfswichtel die z.B. Unkraut hacken (Osteuropäer, deutsche bekommt man ja keine).
Bio ist eben NICHT Kleinbetrieb sondern größer und rationeller weil sonst zu teuer oder Betrieb pleite.
Ich hab nix gegen Bio, soll jeder auf seine Art glücklich sein, aber ich hab gewaltig was gegen die Augenwischerei der Biolobby und die Blauäugigkeit der Verbraucher die jedem gedruckten Wort in Hochglanzprospekten glauben. Ach so, die Grünen sind aus der Atomkraftecke gekommen, die Landwirtschaft haben die jetzt nur wieder aufgegriffen mangels Daseinsberechtigung.