Reynolds-Zahl

 
Windfried
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Reynolds-Zahl

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Gepostet: 03.03.2009 - 21:33 Uhr  ·  #1
Sehr prägnant und kurz ist das Wesen der Re-Zahl in diesem Link dargestellt, und auch die Problematik erklärt: http://www.springerlink.com/co…pdf?page=1 Bei Reynolds-Zahlen etwa unter 100.000, hier bei 80T/60T (es gibt eine Hysterese) erfährt die Grenzschicht einen Wandel von turbulent zu laminar mit unangenehmen Folgen. Der Auftriebsbeiwert sinkt sprunghaft um 30 bis 40% und der Widerstand steigt auf 250%.
Wie sich NACA0018 – wichtig für Darrieusläufer- verhält, kann der Geübte hier erfahren, ab S.32 http://www.library.unsw.edu.au…ndices.pdf ( 14 MB!, engl.) Wem das zu stressig ist, sei verraten: Es verhält sich ähnlich.

Damit die Re-Zahl mit dem Wert 100.000 einen gewissen Sicherheitsabstand hat, errechne ich bei Windgeschwindigkeit 3m/s und Schnelllaufzahl 3 (was eine Anströmgeschwindigkeit von etwa 9,5 m/s ergibt) eine Mindestbreite der Flügel von etwa 16 cm.
Bei Horizontalachsern bereits für die Blattspitze, zur Nabe hin ansteigend, bei Vertikalen für das gesamte Blatt. Für Vw = 5m/s und Lambda 3 wären das immerhin noch fast 10cm.

Das sind natürlich Maße, die nicht mehr zu kleinen Modellen passen, nicht mal zum Durchmesser von einem Meter. Beim Darrieus mit 2 Flügeln eher zu 2m, nach meinen Berechnungen.

Die Konsequenzen teilen sich in 2 Bereiche:
1. Wie teste ich kleine Modelle von größeren Anlagen, die ich bauen will?
2. Wie bekomme ich kleine Anlagen trotzdem einigermaßen zum Laufen?

Zu 1.
Wer von einer 3m-Anlage erst mal ein Kleinmodell mit D 0,5 m bauen will und nur Ventilatoren als Windquelle hat, und seinen es auch 4 Stück in Matrixanordnung (für sekrechte) hat schlechte Karten. Das zeigt der Link hier http://www.windturbine-analysis.netfirms.com/index-test.htm .
Für solche Fälle empfehle ich den Test im Wasser. Da ist die Re-Zahl automatisch um den Faktor 15 höher, weil die Viskosität etwa 1/15 ist. Selbst wenn man mit 1/7,5 Geschwindigkeit fährt, bleibt die Re-Zahl noch um den Faktor 2 erhöht. Das kann bei Re-Zahl 50.000 schon die rettenden 100.000 bringen.

Zu 2.
Wessen Kleinanlage, und selbst größere noch beim Start, nicht das tut, was sie soll, und es an der Re-zahl liegt, der kann folgendes anwenden: Turbulatoren oder speziellen Strukturlack.
Dazu folgender Link http://www.czepa.at/turbulenz.html
Strukturlack finde ich am elegantesten. Neben dem dort beschriebenen Sandpapier-Lack ist auch über Hammerschlag-Lack nach zu denken, sofern sich die Optik auf der Oberfläche ab zeichnet. Golfbälle haben nämlich eine ähnliche spezielle Oberfläche, um die Grenzschicht turbulent zu halten. Sonst würden sie nie so weit fliegen.
Über die nötige Dicke von Turbulatoren in Abhängigkeit vom Anbringungsort (ich würde immer die Stelle der größten Profildicke nehmen), habe ich eine entsprechende Quelle auf meiner Homepage beschrieben: http://www.angeo-privat.gmxhome.de/Windkraft/Grundlagen , Gliederungspunkt 4.

Es ist aus meiner Sicht nicht sinnvoll, die errechnete Profilbreite zur Auftriebskorrektur oder zur Bereinigung der Re-Zahl einfach zu vergrößern, insbesondere nicht beim Darrieus. Sinkt doch damit die Schnelllaufzahl, was die Re-Zahl noch weiter in den Keller treibt. Außerdem gibt es partielle Strömungsabrisse.
Ich bin mir sicher, das kleine Modell oben im englischsprachigen Link ... index-test.htm wäre aus letztgenanntem Grunde mit den breiten Flügeln auch nicht aus dem Knick gekommen, selbst wenn die Re-Zahl in Ordnung gewesen wäre.
Windfried
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Gepostet: 27.05.2010 - 22:18 Uhr  ·  #2
Hallo,

ich will Euch Teil haben lassen an meinen früheren Grübeleien bei der Berechnung der Re-Zahl. Bin in der Vergangenheit auch schon gebeten worden, das durch zu exerzieren.
Grund ist die sonderbare Angabe der "kinematischen Viskosität", genannt Nü (grichischer Buchstabe),
Hier noch einmal die Gleichung für die Reynolds-Zahl
mit V (sonst i.A. klein) als Anströmgeschwindigkeit in m/s und l als Profilbreite (nicht Länge des Flügels!) in m und besagtes Nü dann nach dem Schrägstrich, quasi im Nenner.
Dieses Nü wird in Tafelwerken nicht in naheliegnder Weise mit z.B. 15*10-6 m²/s für Luft bei 15°C an gegeben, sondern in der Spaltenüberschrift mit 106*Nü, nur damit man in den Zeilen dann z.B. mit einer 15 als Eintrag aus kommt. Man muss also den angegebenen Wert 15 durch 106 teilen, um den zuvor dar gestellten Wert zu erhalten, mit dem man dann rechnen kann.
So zieht sich das schon über Jahrzehnte hin, und Einer übernimmt es vom Anderen.
Sicher ließe sich das auch anders lösen.

Das Rechenbeispiel im voran gehenden Beitrag nach Re auf gelöst:
Windgeschwindigkeit 3m/s ; Schnelllaufzahl 3 (was eine Anströmgeschwindigkeit (nicht Bahngeschwindigkeit!) von etwa 9,5 m/s ergibt); Breite des Profils (an der Stelle) 16 cm, also 0,16m
ergibt eine Reynolds-Zahl von rund 100000.
Geringer sollte sie bei Normalprofilen auch nicht werden, es sei denn, man ergreift spezielle Maßnahmen. Siehe Artikel oben.

Übrigens ist die Natur auch hier wieder genial.
Nicht nur, dass die Vögel durch ihre Befiederung die Grenzschicht in den turbulenten Zustand zwingen, sondern sie haben auch ein Niedrig-Re-Zahl Profil. Diese sind nämlich dadurch gekennzeichnet, dass sie ziemlich weit vorn eine Verdickung haben, ansonsten aber ziemlich dünn daher kommen. Dort, wo es dick ist, haben die Vögel ihre Flügelknochen!

Ein anderes Nieder-Re-Profil ist die gewölbte Platte. Und womit fliegen Fledermäuse? Die auf gespannte Haut entspricht diesem Profil.

Gruß vom Windfried
Windfried
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Re: Reynolds-Zahl

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Gepostet: 06.09.2011 - 15:20 Uhr  ·  #3
Zitat
ergibt eine Reynolds-Zahl von rund 100000.
Geringer sollte sie bei Normalprofilen auch nicht werden, es sei denn, man ergreift spezielle Maßnahmen. Siehe Artikel oben.


Diesen Wert muss ich wohl revidieren. Bei dem Profil Gö 801, worauf sich dieser Link bezieht http://www.springerlink.com/co…pdf?page=1
handelt es sich nämlich um eines, welches schon deutliche Merkmale eines Niedrig-Re-Profils aufweist.



Deren Besonderheiten und vieles mehr ist hier zu finden, etwas weiter unten http://de.wikipedia.org/wiki/P…gslehre%29 . Sind Profile beschrieben bis runter zu Re=1000.

Niedrig-Re-Profile sind wohl nur bei Horizontal-Achs-Wind-Turbinen einsetzbar. Bei denen mit senkrechter Achse, speziell Darrieus, hofft man ja, beim hinteren Flügeldurchgang auch noch einen Teil der Energie zu erwischen. Da müssen die Profile "rückenflugtauglich" sein.
Auch sind die Niedrig-Re-Profile nicht für so große Anstellwinkel gut, wie sie sich beim Darrieus bei geringen tsr neuerdings einstellen.

Die dicken Profile gehen auf jeden Fall ganz gut bis runter zu Re 300 000. Ab wann sich drunter so ein Sprung auftut, wie im Springerlink, ist zu ergründen.
In dieser Quelle hier http://administration.ewi.tude…6_1_17.pdf ist zumindest auf S. 100 im Bild B.6 zu sehen, dass NACA 0018 selbst bei Re 150 000 bis 10° noch zu gebrauchen ist. Im gestreckten Luftstrom zumindest. Was auf der Kreisbahn womöglich passiert, dazu siehe S.18.

Gruß vom Windfried
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