Sturmschaden

 
Sandy
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Sturmschaden

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Gepostet: 26.04.2013 - 20:40 Uhr  ·  #1
Auf Vorschlag von Carl berichte ich in diesem Thread über den Sturmschaden an meinem Black 300. Eigentlich wollte ich den Black erst im Mai vom Mast nehmen, aber das gute Wetter in der vorigen Woche hat die Arbeiten beschleunigt.
Nun zu dem, was im März mit dem Generator passiert ist.
Am Abend des 17. März hatte ich die Wind-Vorhersage von Windfinder für Olpenitz aufgerufen. Die Prognose war für mich grenzwertig, aber noch in einem Bereich, wie eine Woche zuvor, als der Black 300 über 15,5 kWh (Über 16 kWh, wenn ich das Zeitfenster verschiebe) in drei Tagen produziert hatte. Was ich nicht wusste: Windfinder hatte offensichtlich seine Homepage umgebaut und wie ich am nächsten Tag feststellen konnte, mit einer Umleitung auf die Station Schönhagen. Ob die alte DWD Station Olpenitz schon längere Zeit nicht mehr betrieben wird, weiß ich nicht, aber Schönhagen hat nicht die gleichen Windbedingungen. Auf jeden Fall wurden aus der Vorhersage von 16 m/s über 19 m/s Mittelwind aus OSO, also die fast gleiche Grundbedingung wie beim Crash meines ersten Black 300 am 1. Dez. 2010. Dies Beispiel zeigt, dass ein Sturmschutz, basierend auf eine Windvorhersage, nicht wirklich funktioniert.
Aber alles wäre aber nicht so schlimm gewesen, wenn ich nicht einen fatalen Fehler gemacht hätte. Im letzten Jahr hatte ich nämlich meine Eigenbau Bremse etwas „lockerer“ eingestellt.

Dazu hier die Funktionsweise der Bremse:
Wird eine DC-Spannung von 80 V überschritten, beginnt die erste Bremsstufe über 2 SSR, die drei Außenleiter auf 3 NTC Widerstände zu schalten, genau gesagt ist es ein pulsierendes Aufschalten. Durch das Takten beginnt der Windgenerator zu pendeln. Dabei erfolgt kein vollständiger Strömungsabriss, aber die Leistung sinkt. Bleibt die Spannung allerdings bei zu starken Wind über 80 V hängen, erwärmen sich die NTCs sehr schnell und es werden über eine 2. Bremsstufe drei weitere NTCs aufgeschaltet, die den Generator sanft runterbremsen. Ab diesem Zeitpunkt werden die NTCs der ersten Bremsstufe von einem Ventilator auf 25 °C runtergekühlt, erst dann wird die Vollbremsung wieder gelöst. Sollten die Widerstände in einer vorprogrammierbaren Zeit nicht abgekühlt sein, wird die Generatorwicklung kurzgeschlossen (Reset ist dann nur noch von Hand möglich). Genau hier machte ich den Fehler, in dem ich die Rückkühlzeit von 40 s auf 1 Min. 15 s verlängerte.
Ein weiterer Knackpunkt war die niedrige Temperatur im Betriebsraum der Bremse. Sie lag bei 3 °C, was dann zusätzlich noch für eine sehr gute Kühlung der NTCs sorgte. Die 40 s hatte ich ursprünglich auf diese Umgebungstemperatur hin eingestellt.

Nachdem der Wind am Morgen des 18.März um kurz nach 3 Uhr richtig aufdrehte, ist es dann schließlich zur Überhitzung der Wicklung gekommen.. Dabei ist es die Konstanz des Windes, die eine zerstörerische Wirkung hat. Ihr müsst euch folgendes vor Augen halten: Mein Standort ist 5 km von der Ostsee entfernt. Aus Richtung OSO kommt der Wind über die Schleimündung ohne Hindernisse zu mir. Mein Standort liegt 23 m über Meereshöhe, plus 10 m Masthöhe (Rotorblattspitze, oben) ergibt dies so betrachtet eine Gesamthöhe von ca. 33 m.
Alle anderen Windrichtungen stellen kein Problem dar, weil die Rauhigkeit des Geländes im Normalfall keinen gleichmäßige starken Wind zulässt. Ausnahme sind starke Sturmböen, die schon mal mit 130 – 150 km/h hier durchbrettern. Mein PWG 400 hat drei Wochen nach Betriebsbeginn so einen Hammer schadlos überstanden, schlappe 133 km/h aus NW über einen Zeitraum von 7 – 10 s brachten den Generator klanglich auf das Geräusch einer startenden Cessna. 8 Tage später überlebte er den Sturm „Emma“.

Nun zurück zum Morgen des 18. März 2013 und dazu hier mal das Diagramm der Leistungsspitzen meines Black 300:



Äußerlich hat der Generator die 2 Jahre und 2 ½ Monate gut überstanden.



Durch die Hintertür geht’s beim Black ins Innere



Nachfolgende Bilder zeigen die Zerstörungen an der Wicklung. Im Gespräch mit dem Hersteller auf der Husum New Energy hatte man mir das mögliche Szenario bereits beschrieben und ich muss sagen, die Beschreibung wurde jetzt voll bestätigt.
So wie es aussieht, ist die Wicklung so heiß geworden, dass der Kunststoffkörper, in dem die Wicklung sitzt, weich wurde, sich ausdehnte und dann Kontakt zu den Magneten bekam. Der Rotor hat sich dann quasi selbst abgebremst, bis er zum Stillstand kam.
Hier die Bilder von den Zerstörungen:













Der Abbrand lässt sich gut von den Magneten entfernen.

http://sandy.mahnecke.de/2013_04_21_Black300_12.JPG

Die Magneten blieben unbeschädigt, was den Totalschaden verhindert hat. Das vordere Kugellager muss ich austauschen, es ist offensichtlich so heiß geworden, dass es ausgelaufen ist.
So wie es aussieht, lässt sich der Generator reparieren, wobei ich wieder auf die 12 V Variante zurückkehren werde. Die Erfahrungen mit dem Black 300 - 48 V möchte ich nicht missen, aber jetzt will ich zurück zu den Wurzeln, schließlich ist die autarke Stromversorgung mein eigentliches Ziel.
Übrigens hat unser Hermann eine gebrauchte Wicklung für mich, die zwar schon einige Stürme über sich ergehen lassen musste, aber ich denke, sie ist nicht so schwarz wie die von meinem Black.

Am vergangenen Wochenende habe ich dann noch den PWG 400 auf den großen Mast vom Black gebaut, mal schauen, wie sich die Erträge entwickeln. Infolgedessen kommt der Black 300 nach erfolgter Reparatur logischerweise auf den kürzeren Mast (8,90 m) vom PWG 400.
Erwähnen möchte ich außerdem, dass ich den Black, nur mit der BR 3 Bremse betrieben, höchstwahrscheinlich nicht verloren hätte. Allerdings wären dann die Erträge insgesamt nicht so hoch gewesen, entsprechende Tests im Januar/Februar 2011 hatten dies ergeben. Eines meiner Ziele in den vergangenen Jahren war es festzustellen, was ich mit einer Kleinstwindanlage an Energie ernten kann. Dazu war es aus meiner Sicht notwendig, bis an gewisse Grenzen zu gehen, auch wenn es dabei mal zu Materialschäden gekommen ist. Mein selbst gestecktes Ziel, mit dem Black 300 die 1000 Volllaststunden zu erreichen, hat leider nicht geklappt. Trotzdem sind die Erträge in den letzten Jahren sehr gut gewesen. Die knapp 194 kWh erzeugte elektrische Arbeit im Jahr 2012 waren schon eine tolle Leistung für einen 300 W Generator.

Was die Sturmsicherung angeht, so plane ich eine aktive Überwachung über einen separaten Windmesser, der dann die Bremsung der Generatoren auslösen soll. Nach meinen Erkenntnissen ist es bei meinem Black nicht zum Überdrehen gegen die Bremse gekommen, es war schlicht und einfach eine Überlastung.


Grüße von
Sandy
(Rainer)


P.S.
Den Schutz vor Überspannung hatte die BR 3 seit über einem Jahr übernommen, meine eigene Schutzeinrichtung hatte ich abgeklemmt. Am 18. März hätten beide Einrichtungen nix genützt, meine 1. Bremsstufe hat keine Überspannung zugelassen.

Dieser Beitrag erscheint in leicht modifizierter Form auch im Black 300 Forum von Hermann (Viel viel Wind)
Menelaos
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Re: Sturmschaden

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Gepostet: 26.04.2013 - 20:57 Uhr  ·  #2
toller Beitrag, danke für deinen Erfahrungsbericht!

Gruß
Max
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Re: Sturmschaden

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Gepostet: 26.04.2013 - 23:37 Uhr  ·  #3
Beachtlich welche Winde da ihr Unwesen trieben und die Black 300 zu über 600 Watt trieben.
Feiner Beitrag mit unerfreulicher Grundlage, aber gut das man sieht was alles sein kann wenn man schläft. Immense Stürme können immer vorkommen wenn man nicht damit rechnet...
Ich weiß nicht was schlechter ausginge, den Generator weniger zu belasten (Bremsung), dann zerlegts warscheinlich den Repeller oder Generatorüberhitzung.
Warscheinlich beste alternative weit früher Vollbremsung mit Strömungsabriss solange noch alles im akzeptablen Bereich ist.
Bin da aber nicht so versiert.
Hat die Black keine Mechanische Sturmsicherung?
Gruß Hans
Menelaos
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Re: Sturmschaden

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Gepostet: 27.04.2013 - 14:07 Uhr  ·  #4
die 300er nicht, ab der 600er ja...
Sandy
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Re: Sturmschaden

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Gepostet: 27.04.2013 - 21:54 Uhr  ·  #5
Nun Hans, schlafen trifft nicht den Kern der Dinge, vielmehr muss ich es Ignoranz nennen. Ignoranz, weil ich die Häufung von zu geringen Windvorhersagen zwar bemerkt, aber nicht in meine Handlung einbezogen habe. Dazu kommt noch, dass ich im Februar schon den Schraubendreher am Zeitrelais für die Abkühlzeit der NTCs angesetzt hatte und dann doch nicht die Zeit runterdrehte. Nach dem Superlauf vom 7. – 10. März wurde ich schließlich etwas übermütig.
Aus all diesen Erfahrungen habe ich einen alten Gedanken wieder aufleben lassen und so werde ich eine unabhängige Sturmabschaltung mit einem Anemometer bauen. So ein Teil hatte ich vor über 20 Jahren zur Steuerung meiner Heizung (Wind bedeutet hier bei uns bis zu +25 % Heizenergie) mal selbst hergestellt, drei Suppenlöffel und dazu ein Scheibenwischermotor waren die Grundbestandteile.
Durch diese zentrale Windüberwachung erhoffe ich mir eine sichere Abschaltung der Generatoren, ohne selber einschreiten zu müssen.

Etwas noch zur frühzeitigen Bremsung: Bei Prevent ist man der Meinung , ich hätte die Bremsung später, bei höherer Spannung (Über 100 V) festlegen sollen. In Bezug auf die Verwendung der BR 3 stimme ich zu, aber so wie ich meine Bremse konstruiert habe, sind 80 V die richtige Wahl. Das Diagramm oben zeigt nur die Belastung auf der DC Seite. In der Praxis kommt dann noch die Bremsenergie hinzu, meine Bremse wirkt auf der AC Seite. Nach meiner Einschätzung ist die Belastung für den Black noch weit über 600 W angestiegen, es dürften über 1000 W gewesen sein, die den Generator vernichtet haben.

Max hatte bereits den Black 600 Windgenerator erwähnt, aber dazu kann ich berichten, dass ein ehemaliger Betreiber in meinem Bekanntenkreis den Generator schon bei ca. 6 Bft. (Windrichtung OST, fast freie Anströmung) abschalten musste. Der Windmaster wurde ab dieser Windstärke so oft „überfahren“ und die BR3 nur noch am Reagieren, da half dann nur noch ein Abschalten von Hand. Da wird jede Menge Energie nicht genutzt und ich finde dies sehr bedauerlich, weil der Black 600 wirklich eine gewaltige Performance hat. Eine rein mechanische Rotorblattverstellung (Siehe SUPERWIND 350) könnte z.B. wahlweise angeboten werden. Dazu noch ein größerer Wechselrichter und der 600er läuft wie Schmidts Katze.
Für einen geborenen Nordländer wie mich ist es einfach unerträglich, bei Windstärke 6 seinen Windgenerator abzuschalten. So wie die Menschen im Gebirge mit dem Schnee leben, so leben wir mit „unserem“ Wind.

Grüße von
Sandy
(Rainer)
Sandy
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Gepostet: 13.06.2013 - 21:54 Uhr  ·  #6
Inzwischen haben sich die Dinge entwickelt und mein Black 300 ist als 12 V Version seit Ende Mai wieder in Betrieb. Die Entscheidung, wieder auf 12 V zurückzukehren, war ein guter Schritt, denn ich habe den Black in den vergangenen Jahren in meiner Inselanlage vermisst.
Der Black 300 wurde von mir, wie angekündigt, auf dem alten PWG Mast montiert. Damit verbunden wird er weniger Ertrag bringen, aber dafür befindet er sich in einem weniger gefährlichen Bereich
In der aktuellen Version habe ich die schwarzen Rotorblätter wieder montiert. Die weißen Rotorblätter sind im Betrieb leiser, allerdings zeigten sich nach über 2 Jahren Betrieb doch starke Abnutzungsspuren. Hinzu kommt noch, dass die Weißen trotz genauem statischen Auswuchten im Betrieb Schwingungen erzeugen, die nicht wirklich in den Griff zu bekommen sind.

Hier mal ein Blick in die Richtung, aus der die Gefahr für meine Generatoren kommt. Im Hintergrund seht ihr die Lotseninsel, dahinter wird die freie Ostsee sichtbar. Bei Windrichtung OSO wird der Wind wie durch einen Kanal in meine Richtung gedrückt, ab 7 Bft. wird’s richtig übel.



Grüße von
Sandy
(Rainer)
seti2
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Re: Sturmschaden

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Gepostet: 13.06.2013 - 22:08 Uhr  ·  #7
Sach ma Sandy, ... ist das die "Giftbude" dort hinten ?

Da war ich doch glatt letztes Jahr mal ... Wusste gar nicht daß Du da in der Nähe wohnst ...

Hätte Dich allerdings auch nicht besuchen können, da wir von Marstal kamen und danach Richtung Flensburg aufbrachen ... auf dem Seeweg.

Viele Grüße
Jürgen
Sandy
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Re: Sturmschaden

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Gepostet: 13.06.2013 - 22:44 Uhr  ·  #8
Du hast gute Augen, Jürgen, ja dat is sie. Von mir sind es ca. 6 km Luftlinie bis zur Lotseninsel und mit dem Fernglas hättest du mein Kraftwerk sehen können.
Nächtes mal kommst du aber auf'n Kaffee vorbei ...

Grüße von
Rainer
Sandy
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Re: Sturmschaden

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Gepostet: 18.06.2013 - 20:39 Uhr  ·  #9
Wie bereits angekündigt, werde ich eine Sturmsicherung bauen, die unabhängig von den Windgeneratoren arbeitet. Allerdings habe ich den Plan, das Anemometer selbst herzustellen, verworfen. Im Netz habe ich etwas entdeckt, was zwar etwas Geld kostet, jedoch meiner Vorstellung von Sicherheit am Nächsten kommt. Folgende Komponenten habe ich bestellt:

Eltako Sensorrelais LRW12D-UC

Eltako Windsensor WS

Eltako MFZ 12 DDX-UC

Dabei ermittelt das Sensorrelais über den Windsensor die aktuellen Winddaten, wertet sie aus und gibt bei Überschreitung eines einstellbaren Werts (2 m/s bis 20 m/s) einen Schaltbefehl an das Multifunktionsrelais. Dies arbeitet einschaltverzögert, damit eine kurzzeitige Maximalwertüberschreitung nicht sofort Auswirkungen hat. Somit kann ich ein Zeitfenster definieren, in dem eine vorgegebene Windgeschwindigkeit durchgehend überschritten werden muss, damit die Windgeneratoren zum Stillstand gebracht werden. Die Steuerzeiten muss ich in der Praxis ermitteln, da lege ich mich noch nicht fest.
Ebenfalls steht noch nicht fest, ob ich einen automatischen oder manuellen Reset bauen werde.

Nach dem Aufbau werde ich an dieser Stelle weiter berichten.

Grüße von
Sandy
(Rainer)
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