Leistungsanpassung bei Windrädern

und vom Irrsinn der Tendenzen zu immer früheren Ladebeginnen
 
Menelaos
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Leistungsanpassung bei Windrädern

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Gepostet: 10.09.2010 - 22:13 Uhr  ·  #1
In letzter zeit gab es immer wieder Diskussionen über die Leistungsanpassung und den Ladebeginn, eine Menge unterschiedlicher Ansichten darüber wie eine Windanlage zur Batterieladung beschaffen sein sollte. Ein möglichst früher Ladebeginn, da sind sich die meisten einig, scheint oberstes Auswahlkriterium bei der Planung eines Selbstbaus aber vor allem auch beim Kauf eines fertigen Systems darzustellen.
Ich denke nun dass es an der Zeit ist dieses Thema,die Hintergründe, etwas genauer zu beleuchten und einige Zusammenhänge darzustellen damit man anschließend auf diesen Grundlagen aufbauend nach Lösungsansätzen suchen kann.

Dabei soll sich dieser Artikel vor allem, aber nicht ausschließlich, auf den Selbstbau von Scheibengeneratoren beziehen da es hier möglich ist, auf verschiedene Parameter einzugehen und bereits bei der Auslegung des Generators auf einige Dinge zu achten, sowie die Möglichkeit, auch nach der Fertigstellung noch Änderungen an den Eigenschaften des Genis vorzunehmen...

Schon seit etwa hundert Jahren wird mit der wird die Energie des Windes dazu genutzt, mit Windgeneratoren Batterien zu laden wobei sich mit Ausnahme der Gier nach Nutzung immer kleinerer Windgeschwindigkeiten das Grundprinzip das gleiche geblieben ist...

Wir haben eine Batterie mit einer mehr oder weniger konstanten Spannung, die wir mit einem Ladestrom füttern und wir haben einen Generator der eine Spannung liefert, welche wir dann mit einem Gleichrichter irgendwie für das Laden von Batterien anwendbar machen und verbinden beides über einen Laderegler miteinander.

Wenn wir annehmen dass das Magnetfeld innerhalb des Generators konstant bleibt und wir mal annehmen dass die Wicklung keine Widerstand hat, so fließt Strom in die Batterie sobald die Spannung des Generators die der Batterie übersteigt und es wirkt nur der innere widerstand der Batterie diesem Stromfluss entgegen, wobei dieser sehr klein ist und für erste Annäherungen ans Thema deshalb (vorerst) vernachlässigt werden kann.

Wenn wir unter diesen Annahmen die Drehzahl des Generators steigern, so erhöht sich auch die Generatorspannung und da es keine Widerstände gibt kann der Strom theoretisch bis ins Unendliche ansteigen.

Wenn die Wicklung des Generators nun aber einen Widerstand besitzt, so verursacht der durch sie hindurch fließende Strom einen Spannungsabfall und der Ladestrom wird nun durch diesen Widerstand sowie durch den Unterschied zwischen der konstanten Spannung der Batterie und jener des Generators bestimmt.
Hat der Generator also einen hohen Innenwiderstand, so erhält man bei Ladebeginn relativ kleine Ströme, die dann mit steigender Drehzahl größer werden wobei ein Teil des Stromes in Form chemischer Energie in der Batterie gespeichert- und ein anderer in den Windungen der Generatorspulen in WÄRME umgewandelt wird.
Ist der Widerstand des Generators also sehr klein, so steigt der Stromfluss mit steigender Drehzahl also sehr stark an, es entstehen in den Windungen aber verhältnismäßig kleine Verluste. Ist der Widerstand des Generators größer, so ist der Anstieg des Stromes im Verhältnis zur Drehzahl keiner, die Wärmeverluste in den Spulen aber größer.
Solange wir das akzeptieren und beachten gibt es keine Probleme.

Als problematisch stellte sich das nun aber erstmal dar, als man damit begann Autos mit Lichtmaschinen auszustatten um damit Batterien zu laden. Stationäre Generatoren arbeiteten bislang in der Regel mit konstanten Drehzahlen und mussten nun mit stark variierenden Geschwindigkeiten betrieben werden. Legte man sie so aus, dass sie bereits bei kleinen Drehzahlen luden, so flossen bei großen Drehzahlen viel zu große Ladeströme mit denen die Batterien nicht klar kamen und bei welchen die Generatorspulen durchbrannten. Wurden sie für große Drehzahlen optimiert, wurden die Batterien bei kleinen Motordrehzahlen gar nicht geladen und entleerten sich.

Die Lösung bestand letztlich darin, die Stärke des Magnetfeldes variabel auszulegen. Wird das Magnetfeld schwächer, so sinkt die Generator interne Spannung und der Windungswiderstand hält den Stromfluss in Grenzen.

Beim Einsatz von Generatoren für Windanlagen versuchte man es nun nach dem gleichen Prinzip aber große langsam drehende Generatoren mit Elektromagneten waren sehr teuer und brachten weitere Probleme mit. Um die benötigte Leistung für den Feldstrom der Elektromagneten im Rahmen zu halten, war die Flussdichte sehr limitiert und es waren viele Windungen nötig die wiederum viel Widerstand mit sich brachten. Neben dem Problem der Ankerrückwirkung ( http://de.wikipedia.org/wiki/G…Cckwirkung) waren sie bedingt durch ihren Aufbau in ihrer Leistungsfähigkeit begrenzt, so dass bei größeren Windgeschwindigkeiten die Rotoren der unterfordert waren gnadenlos an Geschwindigkeit zulegten ohne durch steigende Generatorleistung gebremst zu werden so dass sie frühzeitig abgeregelt werden mussten.
Zwar gab es auch magnetische Erze, jedoch war die Flussdichte solcher Magnete sehr klein und es waren sehr viele Windungen mit viel Widerstand nötig. Letztlich waren auch solche permanent erregten Generatoren in der Höhe ihrer Ausgangsspannung begrenzt, jedoch sparte man zumindest schon die Verluste durch fehlende Feldwicklungen ein.

Der nächste größere Durchbruch waren Samarium Kobalt- Magnete welche aber sehr teuer waren und noch immer Statoren mit Eisen im Kern voraussetzen und sehr teuer waren- zu teuer für Kleinwindanlagen. Zudem hatten die Heneratoren oft ein sehr starkes Rastmoment, was die Schwachwindtauglichkeit sehr einschränkte. Unter 3-4 m/s begann sich ein Rotor nur selten auch nur zu drehen.

Letztlich gab uns die moderne Wissenschaft mit Neodymmagneten die perfekte Antwort auf all unsere Probleme und löste somit das Problem kleiner Drehzahlen in Verbindung mit niedrigen Wicklungswiderständen.
Sie eröffneten uns die Möglichkeiten, Feldstärken zu erzeugen die größer sind als jene durch durch verlustreiche Feldspulen, sind äußerst kompakt und benötigen keine Energie.

„Normale“ Generatoren sind darauf ausgelegt, ihren maximalen Wirkungsgrad bei Nennleistung zu erzielen wobei sich Bauarten mit Eisenkernen als günstiger Standard durchgesetzt haben.
Für den Einsatz mit Windanlagen bei kleinen Windgeschwindigkeiten, bei denen nur wenig Leistung zu ernten ist, sind sie jedoch nicht optimal geeignet, da das Eisen im Kern immer Verluste verursacht die wir nicht verhindern können und es entsteht bei jedem Polwechsel ein Rasten (cogging) welches den frühen Anlauf einer Anlage im Wege steht.

Mit den mittlerweile recht preisgünstgen Neos ist es uns aber möglich, Windgeneratoren ohne Eisenkerne zu bauen wodurch Eisenverluste und cogging entfallen und somit auch Windgeschwindigkeiten unter 4 m/s zu nutzen- und das bei praktisch kleiner Bausweise- Scheibengeneratoren werden 100 Jahre nachdem ihn der gute alte Siemens patentieren ließ wiederentdeckt....

...Nun gibt es viele Leute die auf ihrer Jagt nach der Nutzung kleinster Windgeschwindigkeiten und niedrigester Ladebeginne deutlich übertreiben. Sie wickeln ihre Generatoren für Ladebeginne von teilweise unter 3 m/s und versuchen durch möglichst kleine Wicklungswiderstände und somit große Bauformen gleichzeitig einen möglichst hohen Wirkungsgrad des Generators zu erzielen.

Was passiert nun also?

Fortsetzung folgt :-)
XXLRay
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Re: Leistungsanpassung bei Windrädern

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Gepostet: 16.01.2011 - 15:16 Uhr  ·  #2
Im wesentlichan habe ich hier einmal Fluxs Kernaussagen aus folgendem Beitrag zusammengetragen: http://fieldlines.com/board/in…c=143242.0

Idealer Weise läuft der Repeller in jeder Situation mit seiner optimalen Schnellaufzahl (SLZ) / Tip Speed Ratio (TSR). Für normale Profile, wie wir sie verwenden, bedeutet das, dass die Drehzahl sich analog zur Windgeschwindigkeit ändert.

Ein hocheffizienter Generator wird dies verhindern. Der erzeugte Ladestrom wird schnell mit der Drehzahl ansteigen und die Belastung den Rotor so ausbremsen. Wenn man die Ziel-SLZ also schon für den Ladebeginn vorsieht, wird dieser im Nennbetrieb nie die Drehzahl erreichen, für die er ausgelegt war.

Im Idealfall dreht der Rotor immer mit konstanter SLZ. Die Energiemenge, die der Generator liefert, liegt also im optimalen Arbeitspunkt. Solch ein Verhalten kann bestmöglich mit einem "Maximum Power Point Tracker (MPPT)" - Regler erreicht werden.

Wenn man sich jetzt für ein robustes, günstiges System ohne viel Elektronik entscheidet, muss man Kompromisse eingehen. Schwache Winde enthalten extrem wenig Energie. Die meiste elektrische Arbeit lässt sich in Winden zwischen viereinhalb m/s und neun m/s ernten. Bei höheren Windgeschwindigkeiten wird so viel Energie umgesetzt, dass es nahezu unmöglich ist, alles davon auszunutzen und einen hohen Wirkungsgrad zu erreichen. Zumindest gilt das für eine typische Verteilung der Windgeschwindigkeiten. Im (seltenen) Einzelfall können die Häufigkeiten extrem verschoben sein. Die folgenden Betrachtungen sind dann entsprechend anzupassen.

Die meisten Repeller haben einen Bereich, in dem sie sehr gut arbeiten. Wenn einer beispielsweise für eine Schnelllaufzahl von sechs optimiert ist, wird er vermutlich in einem SLZ-Bereich von vier bis acht gute Ergebnisse erzielen. Selbst ohne Last wird der Rotor Probleme haben, über eine SLZ von acht zu kommen. Der Versuch, ihn auf eine SLZ von neun zu bringen, wird also schlechte Ergebnisse zur Folge haben. Ähnlich verhält es sich für dieses Profil bei SLZs, die deutlich unter vier liegen. Die Strömung reißt ab, das Liftmoment entfällt und die Leistung bricht ein. Wenn wir unseren Ladebeginn also direkt auf die Nenn-SLZ legen, wird der Rotor schon bei niedrigen Windgeschwindigkeiten gebremst und wir bekommen Probleme, Energie aus dem Wind-Bereich zu gewinnen, aus dem der höchste Ertrag zu gewinnen ist.

Bei der Auslegung des Windrades sollte man sich also im Klaren darüber sein, dass es deutlich unterhalb einer Windgeschwindigkeit von drei m/s nicht genug Energie gibt, für die es sich lohnt, Aufwand zu betreiben. Wir setzen unseren Ladebeginn also genau auf diese Windgeschwindigkeit. In extremen Schwachwindgebieten kann man vielleicht um einen halben m/s heruntergehen und in Starkwindgebieten entsprechen höher.

Im Bereich über viereinhalb m/s erhöhen sich durch die absolute Flügelgeschwindigkeit die Verwirbelungen, die SLZ sinkt (siehe Beitrag zur Reynolds-Zahl) und der Generator bremst nun den Rotor immer mehr ab, so dass die Strömung bei etwa sieben m/s beginnt, abzureißen.

Wenn man nun feststellt, dass man höhere Windgeschwindigkeiten erreicht als zunächst gedacht, gibt es unterschiedliche Möglichkeiten, den Strömungsabriss auf höhere Windgeschwindigkeiten zu verschieben:

1. Erhöhung der Generatordrehzahl
Dies geht auf Kosten eines späteren Ladebeginns. Man kann dies erreichen, indem man den Luftspalt im Generator vergrößert, oder Wicklungen pro Spule verwendet.

2. Erhöhung des Generatorwiderstandes
Dies geht auf Kosten des Wirkungsgrades. Falls man einen ineffizienten unterforderten Generator statt eines extrem effizienten installiert hätte, liegt die Maximalgeschwindigkeit in höheren Windgeschwindigkeiten, da dieser den Rotor weniger bremst. Dadurch würde man in diesem Geschwindigkeitsbereich eine höhere Ausbeute erzielen, als mit unserem effizienten Generator. Die Windsicherung muss dafür aber zuverlässig ab neun m/s ansprechen. Man kann also die Statorspulen mit dünnerem, längerem Draht wickeln, um einen ineffizienteren Generator zu bauen. Es gibt aber tatsächlich die Möglichkeit, einen effizienten Generator so zu verwenden, als wäre es ein billiger, ineffizienter. Das geschieht, indem man einen Widerstand in Reihe zu den Generatorspulen schaltet. Dadurch sinkt zwar der Wirkungsgrad, der Rotor kann aber schneller drehen und so mehr Energie aus hohen Windgeschwindigkeiten gewinnen. Die Verlustleistung teilt sich nun auf Generator und Widerstand auf. Dadurch lässt sich der Punkt, an dem die Sturmsicherung anspricht, weiter nach oben verschieben, ohne dass der Generator zu heiß wird und durchbrennt. Der Widerstand kann auch ein elektronisch geregelter Transistor sein. Dabei sollte der Widerstand so ausgelegt sein, dass er etwa 2/3 der Maximalleistung vertragen kann. Die Verlustleistung an diesem kann beispielsweise zum Erhitzen von Wasser genutzt werden.

Wenn man nicht mit einem Reihenwiderstand arbeitet, müssen die Generatorspulen einen deutlich größeren Kupferquerschnitt haben.

3. Rotor mit größerem Durchmesser
Geht auf Kosten eines frühen Ladebeginns. Die Drehzahl liegt aber in hohen Windgeschwindigkeiten niedriger und der Generator erreicht später seine Nennleistung.

4. Verwendung von Elektronik/Regelung
Diese Variante geht auf Kosten des Preises, der Wartbarkeit und Robustheit. Optimal ist sicherlich, einen MPPT zu verwenden, der die Ladeleistung permanent an das Optimum angleicht. Am einfachsten lässt sich wohl eine Stern-/Dreieck-Umschaltung umsetzen, bei der der Generator ab einer bestimmten Windgeschwindigkeit von Stern auf Dreieck geschaltet wird. Auch die Realisierung einer Gangschaltung wäre denkbar.

Beliebige Teile dieses Beitrags dürfen gerne zur besseren Übersicht in den ersten Beitrag eingearbeitet werden.
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