Hochleistungs-FETs meist nur noch als Schalter geeignet

 
Che
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Hochleistungs-FETs meist nur noch als Schalter geeignet

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Gepostet: 26.05.2020 - 12:54 Uhr  ·  #1
Hallo allerseits,

Hatte die Idee, eine elektronische Last für Prüfzwecke mit FETs zu machen. Bei Gleichstrom-Dauerstrich immerhin leistungslos an zu steuern. 4 Stück parallel sollten bis ca. 600W verbraten, von ca. 10V bis ursprünglich 70V. Macht bei 70V eigentlich nur 8,5/4=2,1 A für jedes. Bei z.B. 35 V dann das Doppelte.

Bin ran gegangen wie bei der Auswahl von Bipolar-Transistoren, also pnp oder npn.
Wenn man dann sowas liest, hier MosFET, müsste es eigentlich sicher gehen, mit ausreichender Wärmeabfuhr natürlich.

 

Bild 1: Referenzdaten vom PSMN5R6-100PS
Schon eins für die Industrie, aber es gab auch andere dicke Brocken für Jedermann.

Hier mal die Schaltung, mit Bauelement-Historie. Immer die letzten sollten gültig sein.

 

Bild 2

Obwohl mit D2, D3, C4 und D4 umfangreicher Überspannungsschutz vorgesehen war, die sind alle tot:

 

Bild 3 gestorbene Überreste

In Wahrheit noch 8 weitere. Immer als Quartett, da ausreichend Energie in der Quelle.
Einmal ein Labornetzteil 70V 20A, ein anderes Mal beim Versuch, Schaltung etwas umgebaut als nicht schaltenden Laderegler für einen Akku zu nehmen: Leistungs-Z-Diode 13,6 Volt.

Hatte ansich schon ein Trauma. Wollte nie mehr was mit Leistungs-FETs machen. Aber hilft ja nüscht.
Dachte schon, es wären Überspannungs-Einstreuungen. Dabei ist die lösung ganz einfach. Musste mich aber erst mal einer drauf bringen:

Die SOA-Diagramme (Saf Operating Area) geben Aufschluss, dass die modernen FETs bei langsamen Abfahren der Kennlinie fast alle schwächeln. Hier das Beispiel vom genannten FET:

 

Bild 4
Bei 80V DC also gerade mal sicher bis 1 A.
Das in der Bauteilliste der Schaltung unten genannte IRFB 7730 PBF - auch ein Brummer mit 195A und 75V, 375W,
ermöglicht 1A sogar lediglich bei 25V.
Ursache ist die Interne Parallelschaltung mehrerer Systeme. Im Schaltbetrieb unproblematisch, nicht aber im A- oder B-Betrieb.
Da sind die Übertragungskennlinien (a) temperaturabhängig und (b) toleranzbehaftet. Sind sie sonst auch, nur im Schaltbetrieb
mach es nüscht.

 

Bild 5: Übertragungskennlinie vom PSMN5R6-100PS. Bei anderen ähnlich.
Übrigens durchaus mit großem Linearbereich. Führt bei anderen halblogarithmischen Darstellungen immer zu falschen Schlüssen.

Habe nur ein FET gefunden, was ich lt. SOA-Diagramm trotzdem verwenden kann: STW70N60M2

 

Bild 6
Hat zwar für DC keine Angaben. Liegt aber wohl daran, dass sie an solche ausgefallenen Nutzung garnicht erst gedacht haben.
Die DC-Grenzkurve liegt aber sonst dicht unter der für 100ms bzw. 10 Hz.
Hier nur für 10 ms eingetragen, denke aber, dass ich die 2,5 A /Stck bei 100V (dann bereits 1000W) lt. SOA sicher verbraten kann. Geht es doch da bis geschätzt 6 oder 7 A.

Ist auch sonst ein ungewöhnliches Bauteil, als N-FET bis 600V, mit Gate-Schutzdiode auch, aber nicht billig. Bei reichelt 10,50 EUR. Aber Spaß kostet. :(

Eine Lösung mit Darlington-Transistoren wäre billiger, Beispiel. Der Stromverstärkungsfaktor streut aber sehr, so das man sie aussuchen muss (FETs aber auch!). Stromgegenkopplung (R6) muss auch sein, auf U_BE angepasst.
Alois, FamZim, hatte da mal eine Idee, und eine Schaltung.

Dass generell ausreichende Kühlkörper dazu gehören, möge klar sein. Bei mir mit den Maßen 90x90x100, verrippt, 4 Stck..
2 Lüfter 12V ca. 0,2 A auch noch, mit 120 Kantenmaß. Also schon recht leise. Damit 600W sicher möglich, ohne um 300.

Noch sind die dicken FETs nicht da. Alles verzögert durch Korona. Bin jetzt aber guter Dinge.

Grüße vom Che
Che
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Re: Hochleistungs-FETs meist nur noch als Schalter geeignet

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Gepostet: 27.05.2020 - 20:37 Uhr  ·  #2
Hier noch die Version als Leistungs Z-Diode, zur Simulation eines Akkus mit 13 bzw 26V.

 

Grundidee
Der Wid. 1,8 ohm oben war nur zum Vortest, falls etwas nicht klappt.

Wenn mehrere FETs parallel geschaltet werden, müssen zur Angleichung wieder Gegenkopplungs-Widerstände in die Sorce-Leitung. Bei 12 A/FET (für 13V) aber nur 0,1 Ohm 25W. Wenn der Arbeitspunkt thermisch ab wandert, ist es hier weniger schlimm. Arbeitsspannung wird mit T1 trotzdem ausgeregelt.

Die Ausführung der Dioden-Strecke dann im nächsten Bild.

 


Zwischen 5 und 6 V haben Z-Dioden den geringsten Temperaturgang. Er dreht sich sogar bezüglich + oder - um.
Mit je 2 * 5,6V in Reihe hatte ich praktisch keinen Temp.-Gang messen können. Aber Achtung bei Verwendung als Ladebegrenzer: Bleiakkus haben einen Temperaturgang von -3mV/°C/Zelle.
LED und die D unten noch, weil ich sonst auf 26V nicht gut gekommen wäre. P1 (Feineinstellung) sollte möglichst wenig an + UB stehen. Umso dichter, desto weniger Regelwirkung der Gesamtschaltung.

Bei meinen ersten MosFETs genügten für R1 0,033 Ohm, damit ich aus 6 FETs 4 etwa gleiche raussuchen konnte, mit Arbeitsstromdifferenz weniger als 10%. (Daher auch für R1 möglichst 1% Toleranz)
Bei den IRFB7730 genügten selbst bei 0,1 Ohm 10 Stück zum Auswählen nicht! Hochtoleranter Kram. Für Schaltzwecke wohl aber egal.

Wenn es bei der Z-Dioden-Anwendung bleibt, kann man auf die Gate-Schutzdioden auch verzichten.


Noch ein Wort zur Bereitstellung von (etwa) 12 V zum Betrieb von 2 Lüftern mit je ca. 0,2 A, insbes. bei Betrieb als variabele Last bis 100V, s. Beitrag zuvor:

Festspannungsregler für solche Eingangsspannungen gibt es nicht. Aber man kann sich erinnern an das, was der Bastler gemacht hat, bevor es industieelle Regler gab:
https://upload.wikimedia.org/w…ab.svg.png
Aus WIKI: Spannungsregler
Uz muss ca. 0,7V höher sein als Ua. Darlington-Transistor verwenden! Dann bleibt Basisstrom-Bedarf gering.
Trotzdem 2W-Widerstand bei 6 kOhm, und 100V!

Und 90V * 0,4A ergibt 36W Verlustleistung. Dafür sollte der Kühler für den Darlington aus reichen! Lässt sich alles berechnen.

Grüße, Che
FamZim
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Re: Hochleistungs-FETs meist nur noch als Schalter geeignet

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Gepostet: 29.05.2020 - 14:14 Uhr  ·  #3
Hmm

Ich hatte mal Versuche mit FETs gemacht um sie als Schalter zu verwenden.
Mit änlicher Schaltung wie bei Che.
Es ging aber nicht, es gab immer einen recht hohen Spannungsverbrauch im FET.??
Ich nahm dann eine zusätzliche Spannungsquelle, ich denke mit + an den - Anschluß und mit - an den Gate denke Ich.
Und dann schaltete ER ganz durch. ??

Gruß Aloys.
Che
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Re: Hochleistungs-FETs meist nur noch als Schalter geeignet

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Gepostet: 29.05.2020 - 15:51 Uhr  ·  #4
Ja ja, am Gate muss schon zum Durchschalten eine gewisse Spannung anliegen, temp. abhängig. Also unter 3V fließt garnichts, S. Bild 5 im ersten Beitrag. Für 100A brauchtest Du hier mind. 4,5V.
Meist nimmt man aber mehr, damit der Ladungswechsel am Gate schnell genug funktioniert. Durchaus 10V, auch 12, wenn eh Betriebsspannung vom Treiber. Über 20V aber werden sie gekilld!

Im Schaltverhalten sind FETs, speziell N-FETs richtig gut. Da gibt es inzwischen welche(sogar bezahlbar) mit Flusswiderstand um 1 milli Ohm.

 


Das bedeutet Flussspannung bei 100A nur um 0,1V! Mit keinem Bipolar Transistor zu erreichen.
Verlustleistung dann 10W. Die werden direkt durch größere Cu-Flächen auf der Leiterplatte abgeführt.
Zur Ankopplung in SMD-Technik dient eine Cu-Fläche etwa so groß (oder klein?) wie der Nagel vom kleinen Finger.

Trotzdem nicht unbedingt was für Bastler: Leiterplatte für 100A, mit Kühlflächen für 10W oder mehr. Braucht man vermutlich forcierten Luftstrom.
Aber es gibt auch kräftige Ausführungen für Kühlkörper-Montage mit höchstens 2,6 milli Ohm z.B. IRFB 7730.
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Erspart wird mir nichts.

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Gepostet: 10.06.2020 - 19:14 Uhr  ·  #5
Erspart wird mir nichts.
In Schaltung s. Forum/cf3/topic.php?p=55027#real55027
die dicken Dinger STW70N60M2 eingesetzt.
Jetzt Schwingneigung vom Feinsten. Wiederholfrequenz nur 500 Hz. Was da aber sonst noch drin ist..... Gewiss ein ganzes Bouquet an Frequenzen.

 

Fast schon Kunst, nur nicht zu gebrauchen.

Gewiss, Steilheit ist hoch, mit 60A/V. Haben aber andere vergleichbar auch.
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Re: Hochleistungs-FETs meist nur noch als Schalter geeignet

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Gepostet: 17.06.2020 - 21:53 Uhr  ·  #6
Jetzt funzt es. Zumindest am Labor-Netzteil. Internet sei Dank.
Da war irgendwo zu lesen: "Parallel geschaltete MosFETs sollten mit je einem separaten Gate-Widerstand ausgestattet werden, damit sie sich nicht gegenseitig zu Schwingungen an regen".
Also je 10 kOhm SMD eingefügt, und siehe, die Schwingneigung war zu Ende.

Toleranzen von den STW70N60M2 bezüglich Transfer-Kennline aber wieder beträchtlich.
Um das zu ergründen, in die Sorce-Leitung je 0,1 Ohm 1% eingefügt, und bei etwa 3,2 A Gesamtstrom Spannungsfall gemessen.
Etwa 3,2 A, da Strom schnell thermisch weg läuft.
Spannungsfälle: 131 mV; 55 mV; 28 mV; 142 mV. Könnte man die Stromstärken ausrechnen. Ziel eigentlich, nicht mehr als 10% Abweichnung.
Ein FET hatte ich noch zusätzlich bestellt, und dann habe ich noch 2 geschenkt bekommen, einige Jahre alt, aber selber Typ.
Also "55mV" und "28mV" ersetzt. Mit dem Ergebnis: Das eine ältere FET übernam um 90% des Gesamtstromes. Nach Austausch durch das andere ähnlich. Was sich in Jahren so ändern kann!

Also das Chargenfremde wieder getauscht gegen das noch beste Rausgeschmissene, und die Sorce-Widerstände ausgetauscht durch welche mit 0,47 Ohm (25W). Ist nicht nur wichtig zur Angleichung der Kennlinien, sondern bringt auch ne gewisse thermische Stabilität. Sonst würde nämlich der Gesamtstrom abdriften, noch bevor man alle Messwerte aufgeschrieben hat. Als da wären Gesamtstrom, Spannung DC, evtl. Drehzahl, Vw.
Vollständige Temp.-Kompensation mittels NTC ist schwierig ab zu stimmen, und müsste ansich für jedes FET einzeln erfolgen.

Spannungsfälle final an 0,47 Ohm bei 3,1 A Gesamtstrom:
384mV; 366mV; 287mV; 418mV

Der 287mV tanzt noch bischen aus der Reihe, benutzt aber mit dem "366 mV" den selben Kühlkörper. So wird es bleiben. Kostet doch so ein FET über 10 EUR.

Spannungsbegrenzung mit D2 auf etwa 97V eingerichtet. Arbeitsbereich der Gate-Spannung mit Sorce-Gegenkopplung 0,47 Ohm bisher 3 bis 4,4V gegen Masse. Bei höheren Strömen als bisher wird Obergrenze nicht genügen. Einstellbar bis ca. 6,8V (Z-Dioden-Spannung)

Bei Verwendung als Akku-Ersatz für 13V müssten die Sorce-Widerstände mit 0,1 Ohm wieder rein. Bei 0,47 Ohm einfach bei 12,5A je FET zu viel Spannungsfall. Kämen ja noch etwa 4V Gate-Sorce-Spannung dazu. Toleranzbedingte Ungleichheit weniger gut. Thermische Drift aber weniger schlimm, da ausgeregelt durch Bipolar-Transistor T1.
(vielleicht gehts auch mit den 0,47 Ohm. Plus 4V Gate-Spannung dann 9,87V. Bis 13V verbleiben 3,1V. Könnte genügen. Verlust leistung aber 73,5W!!! Müssten 100W-Widerstände her)

Hoffe, es endlich gepackt zu haben. Weg war steinig genug.
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Ein Quantum Trost

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Gepostet: 18.06.2020 - 21:13 Uhr  ·  #7
Heute mal ein 12V Ladegerät an die Schaltung als Akku-Dummi 13V angeschlossen. Es flossen 12A. Geht also.
Dabei haben sich die Unterschiede der Spannungsfälle über 0,47 Ohm reduziert auf 3,3%. Scheint so, als ob sich die Kennlinien-Toleranzen der FETs vermehrt auf kleinere Ströme auswirken. Also auf die Anfänge der Übertragungskurven.

Und was die 73W bei 12,5 A je FET betrifft. Es ist eher selten, dass eine 600W-Anlage 50A aus hält, an 12V.
Realistisch eher die Hälfte nur. Dann sind es pro Widerstand 18 W. 25 W sind angegeben.
Und schon lauert neues Ungemach, denn als 25W verkauft, ist in den Datenblättern zu lesen, nur mit Kühlkörper bzw. Kühlblech 535 cm², bei 25°C. Ohne Wärmesenke, so nennt man das, nur 9W.

Aber auch hier gibt es Trost. Sie sind im Kühlstrom von 2 Ventilatoren. Und wenn die nur 2 m/s schaffen, so erhöht sich damit die Würmeabfuhr auf das 2,5-Fache. 18W sollten also kein Problem werden.

Hier aber nochmal der Hinweis, dass ich so etwas beim nächsten Mal mit 4 bis 6 Darlington-Transistoren lösen würde, ausgesucht, und wahrscheinlich angesteuert mit einem gemeinsamen Treiber.
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