Windabschätzung - Werte aus Anlage

textur

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Windabschätzung - Werte aus Anlage

 ·  Gepostet: 08.04.2013 - 06:35 Uhr  ·  #35089
Hallo,

bei mir im Dorf (NRW, Ostwestfalenlippe) steht eine Wetterstation. Diese liegt in einer Siedlung, direkt am Giebel befestigt und ist ca. 0,8m höher als der First. Das Gebäude ist ca. 10m hoch und die umliegenden Gebäude auch.

Die Wetterstation gibt für die letzten 7-8 Jahre folgende Werte an:

Windstärke 0-1 = 26 %
Windstärke 2 = 26 %
Windstärke 3 = 26 %
Windstärke 4 = 15 %
Windstärke 5 = 5 %
Windstärke 6 = 1 %.
Jahresdurchschnitt zwischen 3,3 und 3,7 m/s

Somit kann ich mir über die Leistungskurven der WKA's den Ertrag ausrechnen.

Meine Frage:
Kann man abschätzen, inwieweit sich die Werte verbessern, wenn man einen Standort in Randlage mit 10m Höhe (60 % Umgebung Bebauung und 40 % freies Feld > 4km) nehmen würde?
Inwieweit sind die Meßergebnisse durch Turbulenzen am First verhunzt?

Gruß Markus

P.S.: Bei Bedarf kann ich noch ein Bild der Station hochladen.

Carl

Betreff:

Re: Windabschätzung - Werte aus Anlage

 ·  Gepostet: 08.04.2013 - 07:30 Uhr  ·  #35090
Ein Schalenanemometer ist gegen Turbulenzen relativ unempfindlich.

Natürlich hilft es immer ein wenig, wenn die Bebauung oder Bewuchs weniger dicht ist. Aber an dem Umstand, das Du in einer Schwachwindgegend wohnst, kommst Du wohl nicht vorbei.

Alleine 50% Deiner Messergebnisse liegen unter 3 m/sec. Weil bei doppelt so viel Wind mehrfach soviel Energie geerntet werden kann, nützt Dir für Deine Rechnung der Mittelwert von 3,3 bis 3,7 m/sec auch nicht soviel.

Ich hab Dir nach der Tabelle von Horst Chrome ein ungefähres Beispiel rausgerechnet, was Du mit einer Windkraftanlage mit 1 qm Rotorfläche bei einem Schnitt von 3,5 m/sec erntest = 8 W! Wenn Du aber für jeden Prozentsatz einzeln ermittelst und diese Wattwerte zusammenzählst, dann wieder durch 6 teilst, weil Du ja die Prozentanteile in 6 verschiedenen Windgeschwindigkeiten ermittelt hast, dann kommst Du nur auf das Mittel von 5,7 W!

Bei 6 m/sec Wind, 1 qm Rotorfläche zum Wind und einem Leistungsbeiwert von 40% kannst Du aus dem Wind effektiv 38 W herausholen! Bei 12 m/sec dann exorbitante 301 W! :-)

Nachschrift: Es handelt sich um effektiv herausholbare Werte und nicht um die gesamt im Wind enthaltene Energie. Ein Fehler von mir, dreifach soviel Energie bei doppelt soviel Wind, wurde berichtigt.
ε+3=8 ! :-)

eisenloser

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Re: Windabschätzung - Werte aus Anlage

 ·  Gepostet: 08.04.2013 - 08:13 Uhr  ·  #35091
Zitat
Weil bei doppelt so viel Wind etwa dreimal soviel Energie geerntet werden kann.....

Doppelte Windgeschwindigkeit = 8 fache im Wind enthaltene Leistung. Das sind Grundlagen.




eisenloser

eisenloser

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Re: Windabschätzung - Werte aus Anlage

 ·  Gepostet: 08.04.2013 - 18:07 Uhr  ·  #35098
Hallo Markus,

die von Dir genannten Werte mit einem Jahresschnitt von 3,3 bis 3,7m/s entsprechen in etwa dem deutschen Durchschnitt in bebauten Gebieten.
Eher liegst du damit sogar noch etwas darüber.
Durch die Ermittlung in unmittelbarer Dachnähe/First wird die Aussagekraft aber fast völlig zunichte gemacht, denn ein Dach hat je nach dessen
Form und Ausrichtung einen ganz erheblichen Einfluss auf die korrekte Messung der Strömungsgeschwindigkeit.
Außerdem ist die Bebauung/Bäume/Messhöhe etc. ein ganz wichtiger Faktor der sehr individuell Einfluss nehmen kann.

Du könntest in einer Windkarte für Deutschland nachschauen welche Werte dort für deinen Ort oder in deiner Nähe ausgewiesen sind.
Wenn du dann noch deine persönliche Wohnlage/Bebauung/Montagehöhe sowie die Ergebnisse der von Dir genannten Wetterstation
zu einem Gesamtergebnis kalkulierst, dürfest du recht nah an dem liegen was real an deinem Standort zu erwarten ist.

Ganz blöd sind Bäume oder Bebauung in Hauptwindrichtung sowie in der Gegenrichtung denn da muss der Wind auch "abfliessen" können.

Von der Durchschnittswindgeschwindigkeit auf einer mögliche Jahresernte schliessen zu wollen klappt in den meisten Fällen überhaupt nicht.
Der Grund ist das bei vielen Systemen ein Grossteil des Energieeintrages in der windstarken Jahreszeit bei höheren Windgeschwindigkeiten erfolgt.
Nicht selten erntet man 60 oder 70% des Jahresertrages in nur 3 Monaten, im Herbst und Winter, wenn gerade in bebauten/bewachsenen Gebieten
der ohnehin jahreszeitlich bedingte stärke Wind in den kahlen Bäumen ein leichteres Spiel hat.

Falls an deinem Standort tatsächlich diese durschnittlichen 3,3 bis 3,7m/s zutreffen sollten wirst du damit vermutlich keine allzu großen Jahreserträge erzielen.
Falls du sowieso eher den Spaß an der Sache im Focus hattest dann leg los denn es gibt sicher noch schlechtere Standorte. :)

Eine Randlage mit freiem Feld, womöglich in Hauptwindrichtung (meist Westen), könnte das ganze natürlich noch verbessern.


eisenloser

Uwe Hallenga

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Re: Windabschätzung - Werte aus Anlage

 ·  Gepostet: 09.04.2013 - 23:26 Uhr  ·  #35110
Zitat
Ein Schalenanemometer ist gegen Turbulenzen relativ unempfindlich.


Das ist im Prinzip zwar richtig, aber in 0,8m über einer Giebelkante sind unter Umständen nicht die feinen Turbulenzen das Problem sondern eher die sehr grobschlächtigen Verwirbelungen die durchaus dafür sorgen können das erheblich mehr Wind angezeigt wird als die tatsächliche laminare Strömung hergeben würde. Weniger ist zwar auch möglich, aber meine Beobachtungen deuten leider eher und häufiger auf eine Überbewertung der Windgeschwindigkeit hin.

Ich würde in diesem Fall auch nicht soviel Wert und Gewicht auf diese Messung legen, sondern ähnlich wie Eisenloser es empfohlen hat: Das bisschen weniger Wind kann man durch Spaß an der Sache immer ausgleichen oder durch eine eigene Messung am richtigen Standort überprüfen. Die DWD Wetterkarten für diese niedrigen Höhen und einem konkreten Standort sind in etwa so genau wie das oben beschriebene Windmessgerät am Giebel. ;-(


Gruß Uwe

Preistip

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Re: Windabschätzung - Werte aus Anlage

 ·  Gepostet: 18.05.2013 - 11:21 Uhr  ·  #35718
Hallo,

ja ich muss Uwe voll und ganz zustimmen. Windmesser sind of falsch angebracht oder taugen nicht. Von daher immer mit Vorsicht zu genießen.
Hier sollte man wirklich mal Rat von jemanden einholen, der sich damit schon intensiver befasst hat und das Rad nicht neu erfinden.

So kurz über der Dachkante sind die Werte normalerweise nicht richtig. Ich habe selbst einmal bei einem Kunden diese Vermutung geäußert und er wollte es mir nicht glauben, so dass wir unseren Windmesser noch einmal daneben gestellt haben - aber ohne Dachverwirbelungen. Dabei kam leider heraus, dass aus seinen 4,4m/s im Schnitt auf einmal nur noch 2,5m/s im Schnitt übrig blieben.
So wurde er vor einer Fehlinvestition geschützt.

Auch wenn wir so immer wieder Aufträge verlieren, ist es wichtig richtig zu messen. es bringt NIEMANDEN etwas, wenn irgendwo ein Windrad steht, dass keine Leistung bringt und alle enttäuscht überall erzählen, dass sich Kleinwindräder nicht lohnen. Denn sie lohnen sich - wenn man die richtigen am richtigen Ort aufstellt!

Sonnige und windreiche Grüße Roger