Warum eigentlich bremsen? Warum nicht freilaufen?

Verständnisproblem
 
Mosi
 
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Warum eigentlich bremsen? Warum nicht freilaufen?

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Gepostet: 07.12.2024 - 22:20 Uhr  ·  #1
Liebe Gemeinde,

ich bin neu hier und vor allem: neu in der Materie Windkraft. Ich überlege gerade eine höchst spezielle Insellösungs-Anlage: Meiner autark arbeitenden PV-Anlage für Wetterdaten- und Webcam-Bilder-Übermittlung fehlen derzeit pro Tag etwa 360Wh Energie. Ich beabsichtige, dieses Defizit während der Wintermonate mit einer Windkraftanlage auszugleichen. Das bedeutet, ich benötige im Durchschnitt etwa 12W zusätzlicher Leistung (12W*24h=360Wh). Vermutlich nicht das größte Problem... Wäre auch ein anderes Thema.
Wie gesagt, alles muss völlig autark funktionieren, natürlich auch bei Sturm.
Was mir bei meiner Recherche auffällt:
Als Elektroniker und physikalisch auch sonst nicht untalentierter Mensch (sorry für das arrogante Eigenlob) weiß ich, dass die Windlast bei stehendem Rotor am höchsten ist, gäbe es keine Luftwiderstände, keine Reibung, usw. würde die Windlast, bzw. der Winddruck auf null absinken, wenn sich der Rotor in der Geschwindigkeit drehen würde, die der Steigung der Rotorblätter entspricht. Also kurz gesagt: Frei dreht.
(Elektronisch realisierbar sehe ich da überhaupt gar kein Problem)
Das wäre doch das Optimum? Stattdessen lese ich immer wieder von Bremsen bis zum Stillstand? Warum eigentlich?
Wenn mir das jemand schlüssig begründen könnte, vielen Dank schon mal,
Gruß, Rene
Levcuso
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Re: Warum eigentlich bremsen? Warum nicht freilaufen?

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Gepostet: 08.12.2024 - 03:55 Uhr  ·  #2
Theoretisch kannst du recht haben, praktisch kommst man ohne Bremsung in einen Drehzahlbereich den anscheinend kein windrad mechanisch aushalten kann und unweigerlich zerstört wird....
Che
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Re: Warum eigentlich bremsen? Warum nicht freilaufen?

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Gepostet: 08.12.2024 - 11:03 Uhr  ·  #3
Außerdem läuft die Spannung hoch, und kann angeschlossene Elektronik zerstören.

Aber mal grundsätzlich:
"Als Elektroniker und physikalisch auch sonst nicht untalentierter Mensch (sorry für das arrogante Eigenlob) weiß ich, dass die Windlast bei stehendem Rotor am höchsten ist, gäbe es keine Luftwiderstände, keine Reibung, usw. würde die Windlast, bzw. der Winddruck auf null absinken, wenn sich der Rotor in der Geschwindigkeit drehen würde, die der Steigung der Rotorblätter entspricht. Also kurz gesagt: Frei dreht."

Genau umgekehrt ist es der Fall, zumindest bei Schnellläufern! (Also mit Selbstlob vorsichtig umgehen!)

Als Anhaltspunkt möge der Anhang dienen. Lediglich bei Langsamläufern, z.B. Westernmills, ist es bezüglich Schubbeiwert in Etwa umgekehrt.
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Re: Warum eigentlich bremsen? Warum nicht freilaufen?

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Gepostet: 08.12.2024 - 12:28 Uhr  ·  #4
Zitat geschrieben von Mosi

Als Elektroniker und physikalisch auch sonst nicht untalentierter Mensch weiß ich, dass die Windlast bei stehendem Rotor am höchsten ist, gäbe es keine Luftwiderstände, keine Reibung, usw. würde die Windlast, bzw. der Winddruck auf null absinken, wenn sich der Rotor in der Geschwindigkeit drehen würde, die der Steigung der Rotorblätter entspricht. Also kurz gesagt: Frei dreht.
In Bezug auf die einzelnen Rotorblätter selbst, wirst Du wohl recht haben. Nur das ist ein rein statistischer Wert. Hingegen die Belastung auf Elektronik, Getriebe, Gondel und vor allem dem Mast, gibt es durch die Rotation (die Du wahrscheinlich nicht auf deiner Rechnung hattest), eben wie Che richtig schrieb, sehr hohe Lasten.
Carl
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Re: Warum eigentlich bremsen? Warum nicht freilaufen?

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Gepostet: 08.12.2024 - 12:32 Uhr  ·  #5
Zu den vorläufigen Erwägungen folgender Hinweis mit der Grundregel die seit Bestehen dieses Forums 1000 fach eindringlich gepredigt wurde:

Bevor man sich Überlegungen zu den eigentlichen Windradkomponenten Gedanken macht ist der Standort, dessen Qualität in Bezug auf möglicherweise störende Turbulenzen (je nach Rotortyp von großer Bedeutung) und die standortmäßige am häufigsten zu erwartende Windgeschwindigkeit zu erfassen und erst daraus der mögliche Ertrag zu errechnen möglich.

Dafür gibt es Tabellen, am häufigsten in Deutschland haben wir Standorte mit Schwachwind wo sich die mittleren Windgeschwindigkeiten im Mittel um 3 m/sec bewegen mit Variationen darunter und darüber bis maximal 4,5 m/sec.

Nur selten hat man Standorte mit mehr, an Küsten, teils auch an exponierten Stellen im Bergland, auch das bewegt sich noch im moderaten Bereich um die 6 m/sec und darunter. Dann erst spricht man von einem mäßig bis sehr guten Standort.

Eine Kalkulationsgrundlage gibt die Tabelle von Horst Crome bei der man 1 m2 Rotorfläche mit einem mittleren Leistungsbeiwert von 0,3 zugrunde legt.

Es gibt Rotortypen mit Vertikaler Drehachse die noch weniger liefern, von 0,16 aufwärts bei noch halbwegs sinnvollen Bautypen wie den Savonius (weil dieser jede verwirbelte Strömung noch gut nutzt was horizontal-achsiale nur noch unterschiedlich gut können) andere widerum mit noch höher erzielbaren Wirkungsgraden die bei den Schnellläufern anzusiedeln sind.

Schnellläufer benötigen allerdings sehr dringend auch eine sehr saubere laminare Anströmung um ihre Stärken ausspielen zu können, kurzum keine Turbulenzen!

Die Berechnungsgrundlage für ein unempfindlicheres Windrad mit langsamen Schnelllaufeigenschaften stimmt in etwa mit den Angaben Horst Cromes in seiner Tabelle mit dem Leistungsbeiwert 0,3 überein und so lässt sich für eine Rotorfläche von 1 m2 bei einer Windgeschwindigkeit von 3 m/sec mit einem Netto Energieertrag von 5 W rechnen, bei 4 m/sec sind es schon 11 W und bei 5 m/sec steigt der Ertrag asymmetrisch zur Windgeschwindigkeit auf 22 W.

Als Beispiel für das höhere Ansteigen sieht man besonders deutlich wenn man die Windgeschwindigkeit von 3 m/sec auf 6 m/sec verdoppelt denn bei 6 m/sec sind es dann schon 38 W im Vergleich zu den 5 W bei 3 m/sec.

Ein weiterer und letzter Hinweis: Windräder auf dem Markt - selbst wenn die Kenndaten korrekt angegeben werden verführen in der Regel dazu zu erwarten dass die angegebenen Leistungswerte - z.B. die Nennleistung der Generatoren - auch dem Ertrag entsprechen mit dem man rechnen kann.

Diese Nennleistungen werden aber erst erreicht wenn Windgeschwindigkeiten vorherrschen die an keinem Standort in Bodennähe bis 10 m Höhe in Deutschland vorkommen es sei denn bei extremen Wetterlagen. Nennleistungen werden erst bei 12 m/sec erreicht oder minimal darüber und/oder darunter.
FamZim
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Re: Warum eigentlich bremsen? Warum nicht freilaufen?

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Gepostet: 08.12.2024 - 12:48 Uhr  ·  #6
Hallo

Genau das
wenn sich der Rotor in der Geschwindigkeit drehen würde, die der Steigung der Rotorblätter entspricht.
Ist der Knakpunkt!
Die meisten Blätter haben sehr wenig Steigung und drehen dann ohne Last bis zu 50 mal schneller als der Wind weht.
Würden sie eine Steigung haben die nur bis zum 10 bis 15 facher Geschwindigkei laufen, wäre das Problem nicht so groß.
Flugzeuge sind immer gleich schwer und die Last ist endsprechen gleich, nur der Anströmwinkel wird verändert durch das Höhenruder.
Sind sie sehr schnell unterwegs, und Mann reist am Höhenruder können die Tragflächen abbrechen.
Es geht beim Rotor daher um das Verhältniß von Durchmesser zu Steigung.
Meine PRO-peller haben immer 1 zu 0,5 , also bei 1 m D ist die Steigung 0,5 m , das hat sich sehr bewärt.
Dann ist die Schnellaufzahl immer noch im Lehrlauf bei 2 mal Phy.

Gruß Aloys.
Che
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Re: Warum eigentlich bremsen? Warum nicht freilaufen?

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Gepostet: 08.12.2024 - 13:15 Uhr  ·  #7
"drehen dann ohne Last bis zu 50 mal schneller als der Wind weht." So viel nun auch wieder nicht. Einfach weil Luftreibung das verhindert.
Außerdem würde der Anstellwinkel dann negativ werden.

Die Leerlauf-TSR ist etwa doppelt so groß wie die Nenn-TSR. (Kann man meinem letzten Anhang sogar entnehmen)
Wenn also Nenn-TSR 7 dann im Leerlauf 14.
Erdorf
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Re: Warum eigentlich bremsen? Warum nicht freilaufen?

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Gepostet: 09.12.2024 - 22:05 Uhr  ·  #8
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